Die Fahrradwirtschaft bietet eine Vielzahl von Berufen und Möglichkeiten für Menschen mit handwerklichem Geschick. Insbesondere die Berufe Fahrradmonteur und Zweiradmechatroniker sind gefragt. Dieser Artikel wirft einen Blick auf die Unterschiede zwischen den beiden Ausbildungsberufen, ihre Aufgaben und die finanziellen Perspektiven.
Pedelecs, Lasten- oder Falträder: Das Fahrrad wird in Deutschland als Fortbewegungsmittel immer beliebter. Rund 67 Millionen Fahrräder besitzen die Deutschen laut Statistischem Bundesamt. Leasingangebote für Diensträder sind als Benefit für Angestellte im Kommen. Das Fahrrad wird damit zum Wirtschaftsfaktor – und die Fahrradwirtschaft zum attraktiven Arbeitgeber.
63.000 Menschen arbeiten nach Angaben der Brancheninitiative Zukunft Fahrrad in der Fahrradwirtschaft. Seit 2020 sei die Anzahl der Arbeitsplätze in den Bereichen Dienstleistung, Fahrradhandel und Industrie um 30 Prozent gestiegen. Trotzdem reicht es nicht. Auch die Zeweiradbranche beklagt den Fachkräftemangel; fordert bessere Aus- und Weiterbildung sowie eine bessere Integration ausländischer Fachkräfte in den hiesigen Arbeitsmarkt. Wir schauen uns heute zwei handwerkliche Berufe aus der Branche an, die Fahrradmonteur:innen und die Fahrradmechaniker:innen beziehungsweise -mechatroniker:innen.
Montage: Handwerkliches Geschick und Kundenservice
Die Fahrradmonteur:innen kümmern sich um den Zusammenbau, die Reparatur und Modernisierung aller Arten von Fahrrädern. Fahrradmonteur:innen bauen Räder nach Kundenwunsch zusammen oder rüsten alte Räder mit neuen Lichtanlagen auf beziehungsweise montieren Kindersitze oder Gepäckträger.
Handwerkliches Geschick und technisches Interesse sind deshalb in diesem Job unerlässlich. Auch die Beratung von Kund:innen bei der Auswahl des passenden Fahrrads gehört zu den Aufgaben.
In der zweijährigen Ausbildung lernen angehende Fahrradmonteur:innen eine breite Palette von Fähigkeiten, darunter das Planen von Arbeitsabläufen, Qualitätsmanagement, Kundenkommunikation, Wartung von Fahrrädern und Systemen sowie Umweltschutz.
Weil die Digitalisierung auch vor der Fahrradbranche nicht halt macht, beschäftigen sich Fahrradmonteure und -monteurinnen im Beruf immer häufiger auch mit Technologien wie 3-D-Druck, IoT oder Sensorik.
Der Einstieg als Fahrradmonteur:in bringt ein Gehalt von etwa 1.800 bis 2.100 Euro brutto im Monat. Mit Berufserfahrung steigt auch das Gehalt. Wer sich weiterentwickelt, ein Ausbildungsjahr dran hängt und sich als Zweiradmechatroniker qualifiziert, kann bis zu 2.500 Euro verdienen. Mit Meisterqualifikation sind auch bis zu 4.000 Euro möglich.
Zweiradmechatroniker:innen: Die Hightech-Profis der Fahrradbranche
Zweiräder werden zu immer komplexeren Maschinen, die Technik am und im Rad nimmt seit Jahren zu. Dadurch steigen auch die Ansprüche an die, die die Räder bauen und warten. Für Elektrofahrräder ist oft eine zusätzliche Spezialisierung auf Pedelecs erforderlich.
Auch deshalb wurde die Bezeichnung "Zweiradmechaniker" 2014 durch "Zweiradmechatroniker" ersetzt. Zweiradmechatroniker:innen können nicht nur Fahrräder bauen und reparieren, sondern auch Motorräder.
Die Ausbildung zum Zweiradmechaniker mit Schwerpunkt „Fahrrad“ dauert insgesamt 3,5 Jahre und ist in 4 Lehrjahre unterteilt. Vor allem kleine Fachhändler suchen ständig nach Fachleuten und bieten Aus- und Weiterbildungsplätze an. Voraussetzung für die Ausbildung ist ein Hauptschulabschluss. Viele Betriebe bevorzugen allerdings Realschulabsolvent:innen.
„Man muss auf jeden Fall rechnen können und auch was von Physik verstehen. Und man muss bereit sein, auf Kunden zuzugehen", sagt Annika, Auszubildende bei RMS Bikes.
"Die meisten Auszubildenden sind echte Fahrrad-Freaks, die ihr Hobby zum Beruf machen", sagt Oliver Legrand, Ausbildungsmeister in der Gewerbeakademie Freiburg. Im Vergleich zu anderen Mechanikern bräuchten sie besonders viel Feingefühl, denn beim Fahrrad geht es oft um winzige Teile.
"Im ersten Lehrjahr muss man das Fahrrad erstmal kennenlernen und kleinere Reparaturen machen: Schaltzug wechseln, Bremszug wechseln, oder ein Laufrad aus- und einbauen", erklärt der Ausbilder. Im zweiten Lehrjahr würden die Aufgaben komplexer, etwa wenn es darum gehe, ein Laufrad zu zentrieren oder ein Tretlager zu reparieren. Im dritten Lehrjahr könne man dann endlich weitgehend selbstständig an einem Fahrrad arbeiten.
Ich würde den Frauen empfehlen, die ein technisches Verständnis und ein räumliches Vorstellungsvermögen haben und gerne anpacken,
Annika, Auszubildende bei RMS BIKES in Frankfurt am Main
Trotz aller Anforderungen ist Zweiradmechatroniker kein Beruf, mit dem man reich wird. Das Gehalt in der Ausbildung liegt im 1. Lehrjahr bei 310 Euro bis 710 Euro, im letzten Lehrjahr zwischen 480 Euro und 900 Euro pro Monat. Das Einstiegsgehalt nach der Lehre beträgt 1.660 bis 2.350 Euro brutto im Monat. Je nach Bundesland und Unternehmensgröße. Mit der Berufserfahrung steigt auch das Gehalt. Und jemand, der eine Werkstatt leitet und Menschen führt, verdient mehr als dessen Team. Meister:innen und erfahrene Werkstattleitungen können, wie auch bei den Monteur:innen, mehr als 4000 Euro monatlich erwarten. In der Industrie ist das Gehalt wie so oft höher als im Handwerksbetrieb.
Für die Position als Werkstattleiter muss man übrigens kein Meister sein. Oft sind Werkstattleiter mehrere Jahre als angestellte Mechatroniker:innen in einem Betrieb tätig und arbeiten sich zur Leitungsposition hoch. Auch nach der Beförderung übernehmen sie weiterhin Reparaturen. Zusätzlich koordinieren sie Reparaturaufträge und kümmern sich um Bestellungen, Kundengespräche und Dienstpläne.
Ausgebildete Zweiradmechatroniker können aber nicht nur die Werkstattleitung übernehmen. Sie können verschiedene Weiterbildungen im Bereich Fahrzeugtechnik, Qualitätsmanagement, Herstellung und Montage oder Verkauf und Beratung absolvieren. Die klassische Karriere in diesem Beruf ist der Abschluss zum technischen Betriebswirt oder der Meisterbrief. Auch ein Studium in Fahrzeugtechnik oder Elektromobilität ist möglich.
Unabhängig vom Karrierelevel sollten Fahrradmechatroniker:innen Kurse und Weiterbildungen von Fahrradherstellern wahrnehmen, um sich mit den Modellen und der neuesten Technologie auszukennen. Und: Was Überstunden angeht, dürfe man in vielen kleinen Betrieben nicht zimperlich sein, sagt Ausbilder Legrand. "In den schönen und warmen Monaten haben sie Arbeit, dass es kracht. Da kommt man unter 14, 15, 16 Stunden manchmal nicht aus dem Laden raus."
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