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„Es war der Mut einer Frau, ein Mountainbike mit einem Elektromotor anzutreiben.“

Unsere Mobilmacherin der Woche hat 1996 die Geschäftsführung des Familienunternehmens Winora übernommen. Auf der Eurobike vor zwölf Jahren stellte Susanne Puello das erste elektrische Mountainbike vor. Heute sucht sie nach neuen Mobilitätslösungen für den urbanen Raum.

Unsere Mobilmacherin der Woche, Susanne Puello, ist die Urenkelin des Firmengründers von Winora, einem Fahrradhersteller aus Schweinfurt. Die Fahrradmarken des Unternehmens werden in ganz Europa, Asien und den USA verkauft. Heute ist Susanne angestellte Geschäftsführerin bei PIERER E-Bikes GmbH. Noch bis 2023. Dann könnte sie eigentlich in den Ruhestand gehen. „Mal sehen, was dann kommt“, sagt sie. Das Alter für den Ruhestand habe sie zwar, aber auch noch viele Ideen rund ums Rad.

Susanne Puello wollte eigentlich Agrarwissenschaften studieren. Weil ihr NC nicht gut genug war, sollte sie ein Wartesemester einlegen. Ihre Eltern rieten ihr stattdessen zu einer Lehre im elterlichen Betrieb. „Dabei habe ich mich in das Produkt Fahrrad und in das Unternehmen verliebt“, sagt Susanne. Sie blieb im Unternehmen.

Nach der Wiedervereinigung kauften die Eltern die sächsische Ifa Fahrradbau auf – und scheiterten damit. Weil mit dem Fahrradhersteller Derby Cycle ein Käufer für das in Schieflage geratene Unternehmen gefunden wurde, konnte die Insolvenz verhindert werden. Susanne übernahm gemeinsam mit ihrem Mann die Geschäftsführung von Winora-Staiger. „Ich habe 1996 mit einem Mann Felix die Ärmel hochgekrempelt und losgelegt. Drei Jahre später waren wir wieder profitabel.“, erzählt sie. „Wir waren die ersten, die Teile nach ganz Europa versendet haben. Damals gab es überall nur nationalen Handel.“

Die Konkurrenz hat gelacht, die Kund:innen waren begeistert

Als Mobilmacherin der Woche nominiert wurde Susanne von ihrer Tochter, Christina Diem-Puello. Diese ist Gründerin und Geschäftsführerin der Deutsche Dienstrad. Ein Unternehmen, dass es Arbeitgebern ermöglicht, für ihre Angestellten Fahrräder und eBikes als Dienstrad zu leasen. Susanne Puello sitzt im Beirat des Unternehmens ihrer Tochter.


Wir haben das Thema Leasing schon länger auf dem Schirm gehabt und gesagt: Da müssen wir etwas tun. Deshalb finde ich es schön, dass meine Tochter und mein Schwiegersohn die Dinge technisch und operativ vorantreiben. Wenn wir am Samstagabend zusammensitzen und grillen gibt's bei uns nur ein Thema: Fahrräder.

Susanne Puello, Geschäftsführerin bei PIERER E-Bikes GmbH


„Meine Mutter ist ein Riesen-Vorbild für mich“, sagt Christina. „Sie hat das eBike sexy gemacht.“ Denn Susanne und ihr Mann haben 2009 das erste Mountainbike mit Motor entwickelt. 2010 stellten sie das Haibike auf der Fahrrad-Leitmesse Eurobike vor. „Die Konkurrenz hat sich vor Lachen auf die Schenkel geklopft, aber die Konsumenten wollten es haben“, erinnert sich Susanne. „Wir hatten damals 2500 Räder produziert und waren nach der Messen ausverkauft.“

Erst ab dem Geschäftsjahr 2014/2015 seien Konkurrenzprodukte auf den Markt gekommen. Bis dahin habe Winora-Staiger den eBike-Markt für sich allein gehabt.


Als Bosch den ersten Motor für Fahrräder vorgestellt hat, haben wir das in Reutlingen Probe gefahren. Auf der Rückfahrt nach Schweinfurt haben wir uns fast überschlagen, aber am Ende der Fahrt war klar gewesen: Wir machen das.

Susanne Puello, Geschäftsführerin bei PIERER E-Bikes GmbH


Zuvor sei das Fahrrad mit Elektroantrieb kein emotionales Produkt gewesen. „Das wurde immer als Fahrhilfe für ältere Menschen und Menschen mit Behinderung betrachtet“, sagt Susanne. Sie habe daraus etwas gemacht, das sportlich und attraktiv war. „Wir haben uns damals gesagt: Wir haben nix zu verlieren - es muss jetzt ein Produkt auf den Markt, das auch sexy ist.“

Die Entscheidung für das eBike haben ihr Mann und sie gemeinschaftlich getroffen. Trotzdem: „Das war der Mut einer Frau, ein maskulin durch Muskelkraft angetriebenes Fahrzeug mit einem Elektromotor anzutreiben.“


Neustart bei PIERER E-Bikes mit 56 Jahren

2001 hatten die neuen Besitzer von Winora-Staiger, Derby Cycle, das Unternehmen an die holländische Accell Group verkauft. Wegen Umstrukturierungen und Differenzen bei und mit dem niederländischen Investor kündigen Susanne und ihr Mann 2017 und verlassen das Familienunternehmen.

Im selben Jahr gründete sie im Alter von 56 Jahren mit ihrem Mann und der Pierer Mobility AG die „Puello eMobility Crossover Company“ (PEXCO) GmbH, die seit Juli 2021 Pierer E-Bikes heißt. Zum Unternehmen gehören die Marken R Raymon, Husqvarna, GasGAS und Felt.

Das Ziel des neuen Unternehmens bei Gründung, bis zum Jahr 2022 pro Jahr 100.000 Räder zu bauen, hat Pexco schon nach gut drei Jahren erreicht.


Wer einmal ein eBike gefahren hat, der bleibt auch dabei. Die Räder haben einen Superman-Effekt: Die Leute setzen sich drauf und kommen mit einem Lächeln und einem guten Gefühl von der Probefahrt zurück.

Susanne Puello, Geschäftsführerin bei PIERER E-Bikes GmbH


Für die Zukunft habe sie eine ganze Menge Ideen, Konkretes verraten wolle sie aber noch nicht. „Ich selbst berate die englische Faltrad-Firma Brompton mit, weil ich glaube, dass elektrische Falträder der nächste Trend für die urbane Mobilität und die letzte Meile sein werden: sie sind klein und leicht, passen einfach unter den Schreibtisch und ich kann damit in die Bahn oder ins Taxi.“


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