Vom Büro auf die Schiene: Katharina Leonhardi hat lange als Bürokauffrau gearbeitet. Heute fährt sie für die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) U-Bahn. Und das mit Leidenschaft. Am liebsten sei sie im Frühdienst unterwegs.
Katharina Leonhardi ist U-Bahnfahrerin mit Leidenschaft. Auch in ihrer Familie habe es vor ihr bereits Straßenbahnfahrer gegeben. Angefangen hat sie ihre berufliche Laufbahn allerdings als Bürokauffrau bei den Stadtwerken Frankfurt. Dort absolvierte sie ihre Lehre und blieb danach auch mehrere Jahre im gelernten Beruf. Bei den Stadtwerken sei sie erstmals beruflich in Kontakt mit dem Thema Mobilität gekommen.
Irgendwann habe sie das Bedürfnis gehabt, noch einmal etwas ganz anderes zu machen. „Ich wollte nicht mehr von 8 bis 16 Uhr im Büro sitzen, ich wollte etwas bewegen, Menschen bewegen, etwas für die Nachhaltigkeit tun, Ressourcen schonen: deshalb stehe ich morgens auf und das motiviert mich heute noch jeden Tag“, erzählt sie. Auch habe sie nicht mehr so viele theoretische Dinge machen wollen, sondern habe sich viel Kontakt zu Menschen gewünscht und sich deshalb für den Fahrdienst bei der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) entschieden.
Schöne Gespräche mit den Fahrgästen
Der Job sei nämlich deutlich kommunikativer als man meine. „Ich habe ganz viel Kontakt zu anderen Menschen, sowohl Fahrgästen als auch zur Leitstelle und den anderen Kollegen: Die Fahrgäste fragen viel, sie klopfen zum Beispiel und möchten Informationen haben, aber auch an der Endstation kommt man ganz häufig ins Gespräch, wenn die Zeit dafür da ist“, erzählt Katharina.
Da fragt jemand, warum die Taktung so ist wie sie ist oder jemand sagt, dass er etwas beobachtet habe und möchte wissen, wie er als Fahrgast in dieser Situation reagieren solle. Eine Frau fragte mich, wo sie anrufen müsse, um ihre verlorene Handtasche wieder zu finden oder wie man besser zum richtigen Bahnsteig kommt. Und dann kommt man im Gespräch oft vom Hölzchen aufs Stöckchen.
Katharina Leonhardi, U-Bahn-Fahrerin bei der VGF
Ein Beispiel, das sie besonders bewegt hat, war eine Begebenheit in Gonzenheim. Als die Taktung der U-Bahn nach Bad Homburg geändert wurde und die Fahrgäste längere Wartezeiten hatten, begann eine Frau ein Gespräch mit ihr, das sich schnell auf den ganzen Wagen ausbreitete. Die Fahrgäste diskutierten lebhaft über die Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit und die persönliche Mobilität. Dies zeige, wie sehr den Menschen das Thema am Herzen liege, so Katharina.
Sie erzählt aber auch von Situationen, in denen Fahrgäste frustriert oder aggressiv sind. „Einmal ist die Bahn vor mir wegen einer technischen Störung ausgefallen, da hatte ich ernsthaft das Gefühl, ich werde gleich gelyncht. Das war richtig heftig, die Leute waren mega sauer. Ich kann das total verstehen, die Arbeitgeber erwarten ja von den Menschen, dass sie pünktlich bei der Arbeit sind. Oder sie müssen ihren Anschluss kriegen, weil sie private Termine haben. Ich verstehe das alles, aber versuche natürlich zu beruhigen.“
Kommunikation und auch Deeskalation seien neben technischem Verständnis wichtige Skills im Fahrdienst, erzählt sie. Schließlich könne es im ÖPNV immer wieder zu Konfliktsituationen kommen, einschließlich aggressiver Fahrgäste. Hier sei es entscheidend, ruhig zu bleiben und deeskalierend zu handeln. Schon im Einstellungsgespräch werde darauf geachtet, dass die Bewerberinnen und Bewerber über die nötige Kommunikations- und Deeskalationsfähigkeit verfügen. „Wir haben in dieser Branche nun einmal alle Menschen an Bord: von arm bis reich, von ruhig bis aggressiv und es kommt auch vor, dass es Schlägereien oder auch Messerstecherei gibt. In solchen Situationen muss man ruhig bleiben“, sagt Katharina.
Zeitdruck, Verdienst und Lieblingsschichten
Ein Aspekt, der Katharina Leonhardi in ihrem Beruf stört, sei der ständige Zeitdruck. Die Fahrpläne sind eng getaktet. Sie muss sich an die Vorgaben halten, selbst wenn sie sich gerne länger mit Fahrgästen unterhalten würde. Auch das Müllproblem in den Bahnen und an den Stationen empfindet sie als störend. „Was mich noch nervt, sind alkoholisierte Menschen, die den Zug verunreinigen – ohne hier näher ins Detail zu gehen“, sagt sie. Allgemein wünsche sie sich mehr Sauberkeit von den Fahrgästen. Die Bezahlung im Fahrdienst sei ein weiterer Kritikpunkt. Für die Lebenshaltungskosten in einer Großstadt seien die Tariflöhne im Fahrdienst zu niedrig. Die Vergütung gepaart mit dem Schichtdienst sind ihrer Meinung nach die Gründe dafür, warum es der Branche an Nachwuchs fehle.
Trotz der Herausforderungen liebt Katharina Leonhardi ihren Beruf. Am liebsten sei ihr der Frühdienst, der schon mal um 2:19 Uhr beginne. Sie schätze es, zur Arbeit zu fahren, wenn alles ruhig ist und die Ampeln noch aus sind. Morgens dann die Jugendlichen gegen fünf oder sechs aus dem Club nach Hause zu fahren oder etwas später Kinder zur Schule und Pendler:innen zur Arbeit zu bringen. Und dann selbst Feierabend zu machen, bevor der Berufsverkehr die Stadt verstopfe.
Je früher, je besser. So habe ich mein Leben aktuell eingerichtet, das passt wunderbar. Der Frühdienst ist für mich spannend und interessant, die Fahrgäste, die aus dem Club kommen, sind lustig und haben gute Laune.
Katharina Leonhardi, U-Bahn-Fahrerin bei der VGF
Sie sagt natürlich auch, dass die Arbeitszeiten im Fahrdienst nur schwer mit einem Familienleben zu vereinbaren seien. Während Katharina ihre Arbeitszeiten so eingerichtet hat, dass es für sie passt, betont sie, dass es für junge Familien schwierig sein kann. Man könne bei der VGF zwar auch im Fahrdienst in Teilzeit arbeiten, aber mal eben das kranke Kind von der Schule abzuholen, sei während der Schicht nicht möglich.
„Wenn Personalmangel ist, muss man vielleicht mal eine halbe Stunde länger fahren. Wer dann zu einem bestimmten Zeitpunkt das Kind aus der Kita holen muss, bekommt Stress. Das muss man wissen. Auch am Wochenende wird man nicht bei jedem Fußballspiel oder Turnfest dabei sein können“, gibt sie zu bedenken.
Katharinas Kinder sind schon groß, sie pflegt allerdings ihre Mutter. Wenn ihr Dienst morgens um drei oder noch früher beginne, seit nachmittags schon mal die Luft raus. Trotzdem sagt sie: „Für mich passt der Fahrdienst im Moment absolut perfekt in mein Leben. Ich persönlich arbeite gerne samstags, sonntags oder auch feiertags.“
Wir haben schon gewisse Wunschprofile, wo wir sagen können: ich stehe lieber früh auf und mache die Frühschicht, oder ich fahre lieber nachts. Wir haben auch eine gewisse Dienstvoraussicht. Ich weiß im Normalfall, wie ich in den nächsten zwei Wochen fahre – abgestimmt auf mein Profil. Aber natürlich kann das auch mal abweichen, weil Personal fehlt und ich erfahre erst heute, wie ich morgen fahren muss. Aber zu 90 Prozent klappt es, dass ich meinen Plan fahre.
Katharina Leonhardi, U-Bahn-Fahrerin bei der VGF
Wenn sich das ändern sollte, könnte sie bei der VGF Teamleiterin im Fahrdienst, Koordinatorin werden, in die Dienstplanabteilung wechseln oder sich auf eine Position in der Leitstelle oder anderweitig innerbetrieblich bewerben, erzählt sie. Entwicklungsmöglichkeiten gebe es genug. Aktuell könne sie sich das für sich aber nicht vorstellen. Sie sagt: „Ich sehe immer das große Ganze: Menschen, Nachhaltigkeit, Ressourcen schonen, Umwelt: Deswegen stehe ich morgens auf. Ich mache etwas, womit ich mich identifizieren kann. In meinem Fall bringe ich die Menschen vom Auto auf die Schiene, das motiviert mich jeden Tag.“
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