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„Ich führe die Familiengeschichte mit Herzblut fort“

Unsere Mobilmacherin der Woche stammt aus einer traditionsreichen Unternehmerfamilie, die seit über 100 Jahren Fahrräder herstellt und verkauft. Christina Diem-Puello setzt sich für Diensträder anstatt Dienstwagen ein, denn sie sagt: „Die Zukunft der Mobilität hat zwei Räder, einen Lenker – und gerne auch einen leistungsstarken Akku.“

Foto: Deutsche Dienstrad


Christina Diem-Puello, die Mobilmacherin der Woche, ist Gründerin und Geschäftsführerin der Deutsche Dienstrad aus Schweinfurt. Das Unternehmen ermöglicht es Arbeitgebern, für ihre Angestellten Fahrräder und eBikes als Dienstfahrrad zu leasen. Dieses Modell funktioniert über eine digitale Plattform und ist marken- und modellunabhängig. Mittels eines Rahmenvertrages erhalten die Mitarbeitenden Zugriff auf den Dienstrad-Markplatz mit über 6.000 Fachhändlern.


„Die meisten Unternehmen wissen noch nichts von der Möglichkeit, ihren Mitarbeitenden Fahrräder und E-Bikes anzubieten. Dabei ist das vollkommen kostenneutral möglich und bietet einen attraktiven Bonus für Mitarbeitende, der nicht nur die Bindung zum Unternehmen, sondern eben auch die Gesundheit fördert.“

Christina Diem-Puello, Gründerin und Geschäftsführerin Deutsche Dienstrad


Das Dienstrad ist ein Steuerfördermodell der Bundesregierung bei dem die Mitarbeitenden das Dienstfahrrad nicht persönlich leasen, sondern es über ihren Arbeitgeber beziehen. Das bedeutet: Der monatliche Leasingbetrag inklusive Versicherung und Inspektion wird im ersten Schritt vom Unternehmen bezahlt. Damit das Unternehmen selbst jedoch nicht die Leasingrate für das Fahrrad trägt, reduziert der Arbeitgeber den Bruttolohn um den Betrag der Leasingrate. Das nennt sich Gehaltsumwandlung. Durch den geringeren Bruttolohn spart man Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge und somit bis zu 40 % im Vergleich zum Privatkauf. Den Arbeitgeber kostet das Dienstrad gar nichts.

„Bereits circa 25 % aller deutschen Arbeitgeber haben sich für das Dienstradprogramm entschieden. Mobilität spielt jetzt, am Ende der Pandemie, eine immer größer werdende Rolle – wir erwarten einen drastischen Anstieg der Nachfrage in den nächsten Monaten“, sagt Diem-Puello.



Mit ihrem Unternehmen bietet Diem-Puello auch lokalen Fahrradhändlern die Möglichkeit, ihre Räder digital anzubieten. „Für uns ist die Deutsche Dienstrad einfach der nächste logische Schritt in der Familiengeschichte”, sagt sie.


„Wir haben uns von der voll analogen One-Man-Show meines Ur-Ur-Großvaters zum durchdigitalisierten Traditionsunternehmen entwickelt.“

Christina Diem-Puello, Gründerin und Geschäftsführerin Deutsche Dienstrad


Als sie ihren Mann Maximilian Diem kennenlernte, hatte der wenig Verständnis dafür, dass sie sich so gar nichts aus Autos machte. „Ich war immer schon das Mädchen mit dem Fahrrad“, sagt sie. Dabei habe sie gar nichts gegen Autos oder andere Mobilitätslösungen: „Aber wenn sich Menschen abends auf ein Rad setzen und damit statt mit dem Auto zum Einkaufen oder zum Sport fahren, ist das ein wertvoller Beitrag für Umwelt und Gesundheit – besonders in Zeiten des Klimawandels.“ Davon konnte sie auch ihren Mann überzeugen und gründete gemeinsam mit ihm 2020 die Deutsche Dienstrad.


Das Fahrrad emanzipierte die Frauen

Das Fahrrad sei jedoch noch aus einem anderen Grund ein sehr wichtiges Fortbewegungsmittel, sagt die Unternehmerin: „Kein anderes Produkt der Welt hat so viel, so bewegend und so positiv zur Emanzipation der Frau beigetragen, wie das Fahrrad: Frauen durften kein Auto fahren. Aber dank des Fahrrads konnten sie sich persönliche Freiräume schaffen, sie kamen zu Universitäten und hatten Zugang zur Bildung. Und die ist der Schlüssel der Emanzipation.“

Tatsächlich ermöglichte das erste Damenrad mit niedrigem Durchstieg 1889 den Frauen in Deutschland eine individuelle und unabhängige Mobilität. Und auch heute noch ist Radfahren weiblich: In Deutschland fahren 71 Prozent der Frauen täglich oder mehrmals wöchentlich Rad.

 

Radverkehr in Deutschland

72 Prozent der deutschen Haushalte verfügen über mindestens ein Fahrrad ohne elektrische Unterstützung. Vier Prozent über ein eBike oder Pedelec. Seit Beginn der Corona-Pandemie gaben 25 Prozent der für den Fahrradmonitor des Bundesverkehrsministeriums befragten Deutschen an, häufiger mit dem Rad unterwegs zu sein als vorher. Das entspricht ca. 14,6 Mio. Menschen, die nun häufiger Fahrrad fahren. Immerhin 38 Prozent der Befragten sind mehrmals die Woche, wenn nicht sogar täglich, mit dem Rad unterwegs.

 

Elektromobilität auf zwei Rädern

„Das Fahrrad hatte vor hundert Jahren schon die Kraft, allen Menschen den Zugang zu Mobilität zu ermöglichen – heute ist das nicht anders. E-Mobilität ist die Zukunft und da reden wir nicht zwangsläufig von teuren E-Autos, die extra Ladestellen brauchen“, sagt Diem-Puello.

Für die große Mehrheit der Bevölkerung ist ein Umstieg aufs Fahrrad oder eBike weitaus realistischer. „Das E-Bike ist der einfachste und schnellste Weg in die Mobilität der Zukunft.“


Bei vielen Arbeitnehmenden fände derzeit ein Umdenken in Sachen Mobilität, Gesundheitsfürsorge aber auch Nachhaltigkeit statt, sagt Diem-Puello. „Wir haben Unternehmen, die auf uns zukommen und uns sagen: Helfen Sie uns, bis 2025 klimaneutral zu sein.“ Eine große Bäckerei in unserer Umgebung beispielsweise habe über das Dienstrad-Angebot angefangen, die komplette Klimaneutralität des Betriebs neu zu denken.

Auch im eigenen Unternehmen setzt Christina Diem-Puello auf Nachhaltigkeit: die Mitarbeitenden haben Diensträder, die Fahrzeugflotte ist zum Großteil elektrisch.


„Meine Familie lebt das Motto „In großen Fußstapfen eigene Schritte gehen“: Ich arbeite sehr, sehr gerne mit meiner Mutter zusammen. Sie war mein Role Model mit ihrer Erfolgsstory und ist noch heute eine meiner bedeutendsten Mentorinnen. Aber – und das schätze ich sehr – meine Eltern haben niemals verlangt, dass meine Geschwister und ich im Familienbetrieb mitarbeiten. Mein Interesse am Fahrrad ist allerdings geblieben – und ich führe die Familiengeschichte mit Herzblut fort.“

Christina Diem-Puello, Gründerin und Geschäftsführerin Deutsche Dienstrad


„Damit das Fahrradfahren einen ernsthaften Beitrag zur Mobilitätswende leistet, muss es weg vom reinen Freizeitvergnügen und im Alltag der Bevölkerung ankommen“, gibt Diem-Puello zu bedenken. „Dafür müssen sowohl Infrastruktur als auch Angebot und das Bewusstsein zum nachhaltigen Umdenken überzeugen.“

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