Unsere Mobilmacherin der Woche hat mehr als 20 Jahre für die Hamburger Handelskammer gearbeitet. Seit Juli 2019 ist sie Geschäftsführerin der Hamburg Cruise Net e.V. Mit uns hat Christine Beine über die Herausforderungen ihres Jobs und nachhaltige Kreuzfahrten gesprochen.
Der Job unserer Mobilmacherin der Woche ist es, den Standort Hamburg für Kreuzfahrtunternehmen attraktiver zu gestalten: Seit Juli 2019 ist Christine Beine Geschäftsführerin der Hamburg Cruise Net e.V., einem Netzwerk von öffentlichen und privaten Unternehmen aus dem Kreuzfahrtbereich.
Außerdem engagiert sie sich im Vorstand des Tourismusverbandes Hamburg e. V. (TVH). sowie im Beirat der Hamburg Cruise Days.
Der Hamburg Cruise Net e.V. ist der Dachverband der Kreuzfahrtunternehmen in Hamburg und konzentriert sich auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Schiffe, Passagiere und Dienstleister sowie die Vermarktung des Kreuzfahrtstandortes Hamburg im In- und Ausland.
Hamburg Cruise Net e.V. repräsentiert als offizieller Imagebotschafter die Kreuzschifffahrt in der Metropolregion Hamburg. Das Netzwerk umfasst mehr als 100 Kreuzfahrtreedereien, Hafendienstleister, Tourismusanbieter, Hotelbetreiber sowie städtische Organisationen und Behörden.
Zuvor war sie Leiterin des Geschäftsbereichs Infrastruktur in der Handelskammer Hamburg und dort für die Aufgabengebiete Verkehr, Schifffahrt, Stadtentwicklung und Tourismus zuständig. Dabei stammt Christine ursprünglich aus dem Ruhrgebiet.
Mit etwas über 50 habe sie sich gesagt: „Entweder bleibe ich hier bis zur Rente oder ich fange jetzt nochmal was Neues an.“ Außerdem seien die Rahmenbedingungen am Hamburger Adolphsplatz damals etwas holprig gewesen. Als sie angesprochen worden sei, ob sie geschäftsführend für das Kreuzfahrtnetzwerk tätig sein wolle, habe sie zugestimmt.
Kreuzfahrt war nicht von Anfang an mein Ziel. Ich bin gelernte Volkswirtin und war schon immer an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Verwaltung und Politik tätig. In der Handelskammer war ich zuletzt für die Bereiche Hafen, Schifffahrt und Tourismus zuständig. Aus dieser Kombination ergab sich natürlich relativ schnell die Kreuzschifffahrt.
Christine Beine, Geschäftsführerin Hamburg Cruise Net e.V.
Kurz nach Antritt ihrer neuen Position kam Corona und die Einsicht, dass die Mitgliedsunternehmen zunächst mit dem eigenen Überleben beschäftigt waren. „Ich bin froh und dankbar, dass wir trotz Lockdown der gesamten Industrie kaum Mitgliederschwund hatten - das ist nicht selbstverständlich. Ich habe es daher nie bereut, diesen Schritt gegangen zu sein – weil ich festgestellt habe, dass man einen anderen Blick auf die Wirtschaft, die Zusammenarbeit in Hamburg und am Ende auch auf sich selbst bekommt, wenn man neue Herausforderungen annimmt.“
Katastrophales Jahr 2020 für die Kreuzfahrtbranche
Das Jahr 2020 sei für die Kreuzfahrtbranche eine Katastrophe gewesen und auch das Jahr 2021 sei sehr holprig gestartet. „Einfach, weil die norddeutschen Häfen noch bis Mitte 2021 für die Passagierschifffahrt geschlossen waren und die Schiffe dann auch nur zu 60 Prozent ausgelastet werden konnten. Das war für die Unternehmen trotz Freude über die Rückkehr keine tragfähige wirtschaftliche Situation“, sagt Christine.
2022 sei dagegen bislang ein sehr erfreuliches Jahr. Gerade in Nordeuropa und in Deutschland seien Kreuzfahrten begehrt. „Ich glaube, dass viele Menschen eine große Sehnsucht nach Reiseerlebnissen kombiniert mit gespartem Reisebudget hatten, wovon die Tourismusbranche insgesamt und die Kreuzfahrt profitierten“, sagt Christine. Die vergleichsweise schwierige Situation im Luftverkehr könne zusätzlich den einen oder anderen aufs Schiff gebracht haben.
Wie es für die Branche nun weitergehe, müsse man sehen, Prognosen seien schwierig. „Der Ukrainekrieg geht natürlich auch an der Kreuzfahrtindustrie nicht spurlos vorbei. Die steigenden Energiepreise, die Inflation und die Angst der Menschen vor dem Winter können zu etwas mehr Zurückhaltung führen.“ Auch die Routings seien betroffen - das Highlight jeder Ostsee-Kreuzfahrt sei St. Petersburg gewesen.
Gesucht: das nachhaltige Schiff
„Der Weg in die emissionsneutrale Kreuzfahrt ist sicherlich die zentrale Herausforderung für die Industrie“, sagt Christine. „Die Unternehmen entwickeln und prüfen mit Hochdruck alternative Antriebsformen, um bis 2050 – das ist ja das Ziel – komplett emissionsfrei werden können.“
Außerdem hat die EU-Kommission mit dem „Green Deal“ vorgegeben, dass bis 2030 alle Schiffe, die in einem Hafen liegen, mit Landstrom statt mit Dieselgeneratoren versorgt werden müssen. „Hamburg hat 2016 in Altona die erste Landstromanlage in Betrieb genommen. Nächstes Jahr kommt der Terminal Steinwerder hinzu, 2024 das neue Terminal in der Hafencity. Hamburg und Norddeutschland sind hier wirkliche führend", sagt Christine.
Bislang würden weltweit von etwa 1.000 jährlich durch Kreuzfahrtschiffe angelaufenen Häfen nur knapp 30 Häfen Landstrom für große Kreuzfahrtschiffe anbieten. Bereits 40 Prozent der weltweiten Kapazität an Kreuzfahrtschiffen seien landstromfähig, innerhalb der nächsten fünf Jahre würden es ca. 75 Prozent sein.
Die Motorenhersteller testen beispielsweise Brennstoffzellen und Batteriespeichersysteme für Schiffe. „Methanol, LNG, vielleicht auch irgendwann Wasserstoff – in der Schifffahrt werden dieselben Antriebstechnologien diskutiert wie bei anderen Verkehrsträgern auch“, erzählt Christine. Mittlerweile gebe es bereits zehn Kreuzfahrtschiffe, die mit LNG, liquefied natural gas, betrieben werden.
Die Kreuzfahrtindustrie arbeitet mit Hochdruck an alternativen Antriebssystemen selbstgestecktes Ziel für die emissionsneutrale Kreuzfahrt ist 2050. Manchmal wird vergessen, dass die Kreuzfahrt der Innovationstreiber der Schifffahrt insgesamt ist und am „Schiff der Zukunft“arbeitet.
Christine Beine, Geschäftsführerin Hamburg Cruise Net e.V.
Eine Herausforderung an ihrem Job sei es, die Akzeptanz der Kreuzfahrtwirtschaft vor Ort zu verbessern. „Die hat immer zwei Dimensionen“, sagt Christine. „Das eine ist die Diskussion um die Überfüllung der Hafenstädte, wie wir sie aus Venedig kennen, das andere ist das Thema ökologische Transformation.“ Hamburg habe glücklicherweise kein Problem mit zu vielen Kreuzfahrern: Diese machen mit ca 900.000 Gästen pro Jahr nur etwa ein Prozent der ungefähr 90 Mllionen Tagesgäste p.a. aus.
"In Sachen ökologische Transformation organisieren wir zusammen mit dem Branchenverband regelmäßig Dialoge und vor-Ort-Termine", sagt sie. So habe man zum Beispiel mit Mitgliedern der Hamburgischen Bürgerschaft die Landstromanlage in Altona und ein Kreuzfahrtschiff besucht und einen Anwohnerdialog gestartet.
„Ich habe gelernt, dass es Bedarf für ein Netzwerk gibt“
Christine ist außerdem Mitglied des Netzwerks Ladies Logistics Lounge, das 2010 von Britta Kahlfuß, Geschäftsführerin der BeraCom Beratung und Softwareentwicklung GmbH, initiiert wurde. Britta war damals Vorsitzende der Hamburger Regionalgruppe der Bundesvereinigung Logistik und habe Logistikerinnen am Standort angesprochen, ob sie ein Netzwerk gründen wollen.
„Am Anfang habe ich gedacht: „Noch so ein Frauenclub?“ Das war eigentlich gar nicht so meins“, erzählt Christine. Sie hat dann aber die erste Veranstaltung mit organisiert und gemerkt, dass der Bedarf für ein Netzwerk da sei.
„Auf einmal tauchten Frauen aus Logistik, Schifffahrt, ÖPNV und Schiene auf, die ich alle noch nie gesehen hatte, obwohl ich damals schon mehr als zehn Jahre im Verkehrsbereich unterwegs war. Da war mirklar, dass es zwar wirklich tolle Frauen in Führungspositionen gibt, die aber in den Institutionen und Medien nirgends auftauchen.“ Da habe sich in der Zwischenzeit glücklicherweise aber eine Menge getan - reine Herrenpodien fallen eben mittlerweile negativ auf.
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