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Infrastruktur ist der Grundstein für Mobilität

Isabelle Armani sagt über ihren eigenen Lebenslauf, dass dieser alles andere als eine Gerade sei. Von der Realschule zum Abitur auf dem zweiten Bildungsweg bis hin zum Masterstudium, vom Mittelstand zum Konzern ins Start-up. Der rote Faden in ihrem Lebenslauf? Den Bau von Infrastrukturprojekten nachhaltig zu gestalten.


Isabelle Armani ist Senior Sales Managerin Germany bei ORIS Materials Intelligence. Das französische Startup mit insgesamt 31 internationalen Mitarbeiter:innen bietet eine digitale Plattform, um Verkehrsinfrastrukturprojekte sowohl im Straßen- als auch im Schienenbereich anhand verschiedener Kriterien zu bewerten. Diese Kriterien umfassen etwa den Materialverbrauch, damit verbundene Kosten sowie die emittierten Treibhausgasemissionen. Dabei werden die aktuellen Regelwerke, regionale Materialverfügbarkeiten und Klimamodelle berücksichtigt.

„In ORIS können wir einen digitalen Zwilling des Infrastrukturprojektes erstellen, um verschiedene Szenarien simulieren und vergleichen zu können“, erklärt Isabelle. Dies ist sowohl im Rahmen der Planung als auch in einer rückwirkenden Betrachtung, also zur Bewertung bereits realisierter Projekte möglich. „Wir arbeiten beispielsweise mit der Autobahn GmbH des Bundes zusammen, die maßgeblich Infrastruktur plant“, sagt Isabelle.

In Finnland hat das Unternehmen ein Eisenbahnprojekt umgesetzt und arbeitet auch sonst international in Projekten von Deutschland über Großbritannien bis Usbekistan. Auftraggeber seien überwiegend Unternehmen, aber es gebe auch Kooperationen mit Verbänden, Kommunen, Universitäten und Entwicklungsbanken.

Was wir machen, funktioniert nicht nur für Autobahnen, Bundesstraßen oder Schienenwege. Es funktioniert genauso für Rad- oder für Gehwege. Insbesondere Radwege sind für viele Kommunen aktuell von besonderer Relevanz. Dabei ist Radweg ist nicht gleich Radweg und Gehweg nicht gleich Gehweg: Es gibt Baustoffe, die besonders wasserdurchlässig und besonders langlebig sind. Da können Einsparungspotentiale bei den Emissionen von bis zu 85% realisiert werden. Es lohnt sich also durchaus, genau hinzuschauen, mit welchen Materialien man plant.

Isabelle Armani, Senior Sales Managerin Germany bei ORIS Materials Intelligence


Ihr Weg dorthin sei laut Isabelle eher unkonventionell gewesen: „Ich habe nie ein Gymnasium besucht“, erzählt sie. „Früher war es mir immer ein bisschen unangenehm, das zu sagen. Nach der Realschule habe ich mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg gemacht, weil ich auch einfach noch nicht so ganz genau wusste, was ich machen möchte.“ Während dieser zwei Jahre habe sie die Lust am Lernen erst so richtig entdeckt und entsprechend gute Noten bekommen. Das lag insbesondere daran, dass die Inhalte mit dem Fokus auf Wirtschaft nun deutlich fachspezifischer und weniger allgemeiner Natur waren.


Von der Industriekauffrau zur Projektmanagerin bei Infrastrukturprojekten

Nach dem Fachabitur machte sie im Lebensmitteleinzelhandel zunächst eine Ausbildung zur Industriekauffrau mit Stationen in der Verwaltung, der Logistik und dem Verkauf. Die Ausbildung schloss sie mit Auszeichnung der IHK ab, weshalb ihr Ausbildungsbetrieb ihr anbot, ein Duales Studium zu absolvieren. „Ich war ein bisschen hin und hergerissen, in dem Alter denkt man sich ja auch: „Ich würde jetzt auch gerne Geld verdienen“, aber meine Mutter hat auch gesagt: „Isabelle mach das, das ist wie ein Geschenk, eine Belohnung, wofür du hart gearbeitet hast. Nimm das an, zieh die drei Jahre durch, ich unterstütze dich auch so gut ich kann!“ Gesagt, getan.


Meine wertvollste Verbündete auf meinem Lebensweg war meine Mutter, die mich immer motiviert und ermutigt hat, zu studieren und weiterzumachen. Es gab bisher keine Akademiker in unserer Familie, mein Bruder und ich sind die ersten, die studiert haben und ich bin sicher, das haben wir auch der Einstellung und der Unterstützung unserer Mama zu verdanken. Heute ist mein Mann mein größter Fan und auch mein schärfster Kritiker, wobei beides gleichermaßen wertvoll ist.

Isabelle Armani, Senior Sales Managerin Germany bei ORIS Materials Intelligence


Auch das Studium schloss sie mit einem sehr guten Ergebnis ab. Ihr Arbeitgeber bot ihr deshalb an, sie zu übernehmen, aber sie lehnte ab. „Im Einzelhandel habe ich meine Zukunft nicht gesehen. Im letzten halben Jahr, in dem ich meine Bachelorarbeit schrieb, habe ich allerdings die Freude an praxisrelevanten Projekten entdeckt. Somit habe ich das Projektmanagement als einen potentiell interessanten Tätigkeitsbereich für mich identifiziert und mich dann in dem Bereich beworben. Eine passende Stelle fand ich in einem Digitalisierungsprojekt eines Logistikunternehmens, welches das Non-Food Retourenmanagement für einen großen Lebensmitteleinzelhändler abwickelte."


Wegen eines privaten Umzugs nach Stuttgart habe sie sich aber nach einem Jahr bereits erneut bewerben müssen. Schon beim Lesen der Stellenanzeige einer mittelständigen Baufirma sei sie fasziniert gewesen. Das Unternehmen suchte Projektmanager:innen für eine Neubaustrecke. „Beim zweiten Gespräch sind wir rausgefahren auf die Baustelle und da war es um mich geschehen. Als ich das erste Mal vor dem Tunnelportal stand und dieses ganze Material gesehen habe, wusste ich: Das will ich unbedingt machen!“

Sie sei sofort verzaubert gewesen von der Bahn-Großbaustelle, den Maschinen, den LKWs und den Brückenwaagen. „Als mir der kaufmännische Leiter dort erklärte, dass sie beim Tunnelbau immer sechs Steine setzen, habe ich ihm geantwortet: Und dann kommt noch dieser kleinere Schlussstein oben drauf, oder? Insgesamt also sieben?“ Da war sich auch das Unternehmen sicher: Isabelle ist die Richtige für den Job. Vorbereitung sei eben gerade als fachfremder Bewerber super wichtig, zeigt echtes Interesse sowie Lernbereitschaft und kann so den Unterschied machen.


Jeder Jobwechsel ist in gewisser Weise eine Herausforderung und ein Aufbruch ins Ungewisse, aber aus meiner Erfahrung lohnt es sich sehr, auch mal den Mut zu haben, etwas ganz Neues auszuprobieren und beispielsweise die Branche zu wechseln, wenn es sich richtig anfühlt.

Isabelle Armani, Senior Sales Managerin Germany bei ORIS Materials Intelligence




Als sich dieses Bauprojekt dem Ende zuneigte, war es wieder an der Zeit zu wechseln: dieses Mal zur Deutschen Bahn AG, die für Stuttgart 21 Projektkaufleute suchte. „Es klang wie Musik in meinen Ohren nun auch den anderen Teil des Großprojektes kennenzulernen“, sagt sie. "Dieses ganze Thema Neubau von Strecken und Materialmanagement auf der Baustelle hat mich mitgerissen. Aber wie das mit Bauprojekten so ist: irgendwann ist der Tunnel gebohrt und das Material verbracht. Dann werden Standorte auch mal verlegt oder geschlossen. Ein weiterer Umzug war für mich keine Option, weshalb ich mich wieder einmal umschaute."

So kam sie zur Deutschen Bahn, wo sie zwei Jahre im Bereich Finanzen und Controlling tätig war. „Da hab ich natürlich super anknüpfen können an das, was ich vorher auf der Auftragnehmerseite gelernt hatte“, sagt sie.


Weltreise, Masterstudium, Startup-Gründung

Nach zwei Jahren im Konzern nahm sie sich ein halbes Jahr Auszeit für eine Weltreise, kam mit vielen neuen Ideen zurück und absolvierte anschließend berufsbegleitend ein Masterstudium. „Vielleicht muss man auch erstmal auf so einem Berg Plastikmüll gestanden haben, um so richtig zu verstehen, dass irgendwas ganz schön schief läuft auf diesem Planeten. Bei mir zumindest hat es richtig Klick gemacht bei unterschiedlichen Dingen, die ich gesehen oder die ich erlebt habe, und bei denen ich nur dachte: Wow, das ist echt unfassbar, was hier auf der Welt so alles passiert“, erzählt Isabelle. Grund genug, berufsbegleitend einen Master in Nachhaltiger Entwicklungszusammenarbeit zu absolvieren, mit dem Ziel, das Erlebte etwas besser zu verstehen und zu lernen, wie man einen Unterschied machen kann.

Aus meiner Sicht muss nicht jeder Schritt im Lebenslauf vorher strategisch geplant sein. Mich haben meine Rucksackreise und auch mein Masterstudium sehr gestärkt und wachsen lassen. So vieles von dem was ich dabei gelernt habe, kommt mir heute auch im Beruf zu Gute.

Isabelle Armani, Senior Sales Managerin Germany bei ORIS Materials Intelligence


Nach ihrem Studienabschluss wechselte sie bei der DB ins technische Projektmanagement. Im Frühjahr 2020 meldete sie sich dann mit einer nachhaltigen Geschäftsidee zur Vermarktung mineralischer Rohstoffe aus Infrastrukturprojekten beim Intrapreneurship-Programm des DB Konzerns an, was in der Gründung eines Corporate Startups mündete. „Tatsächlich musste ich erstmal googlen, was "Intrapreneurship" überhaupt genau bedeutet. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich auch noch nicht so wirklich, worauf ich mich da einlasse. Rückblickend war es aber einer der besten Entscheidungen meiner bisherigen Karriere, diese Chance zu ergreifen. Ich konnte meinen Horizont um ganz neue Themen wie Agiles Arbeiten, Geschäftsmodellentwicklung, Design Thinking und Lean Startup erweitern, mit denen man im klassischen Bauprojektmanagement sonst keine Berührungspunkte hat.“


Chancen zu ergreifen erfordert Mut und Themen eigeninitiativ voranzutreiben ist verdammt anstrengend, aber genau das ist erforderlich, um nachhaltige Geschäftsmodelle umzusetzen.

Isabelle Armani, Senior Sales Managerin Germany bei ORIS Materials Intelligence


„In der Bahn ein eigenes Corporate Startup zu gründen, das war zum einen eine riesige Herausforderung, aber natürlich auch eine einzigartige Chance“, sagt Isabelle, die für ihr Engagement vom Frauennetzwerk der DB mit dem Impuls Award ausgezeichnet wurde. Sie und ihre Mitgründer arbeiteten nach der Gründung zwei Jahre lang intensiv daran, das Geschäftsmodell voranzutreiben und das Team aufzubauen. Mit Erfolg. „Wie das immer so ist, verflüchtigt sich der Start-up-Zauber aber irgendwann auch und man weiß, wie im Großkonzern üblich, schon recht genau, was im nächsten Jahr wieder auf einen zukommt.“ Daher regte sich bei Isabell langsam die Sehnsucht nach der täglichen Achterbahnfahrt in der Start-up-Welt - innovativ, nachhaltig, digital und insbesondere auch international sollte es sein.


Mit ORIS sei sie schon bei der DB in Kontakt gekommen. Als sie dann mehrfach eine Stellenanzeige des Unternehmens sah, hielt sie das für einen Wink des Schicksals. "Die Infrastruktur wurde so lange vernachlässigt, die Instandhaltung aufgeschoben und der Streckenausbau verschleppt. Dabei ist die Infrastruktur doch der Grundstein für die Mobilität" beschreibt Isabell den Reiz der Arbeit bei ORIS. Der Erstkontakt kam über das Netzwerk auf LinkedIn zustande. Den Job, der ausgeschrieben war, bekam sie aber nicht, sondern einen, der noch viel besser zu ihrem Profil passte. „Nach dem Kennenlernen wurde der Job an meine Qualifikationen angepasst, weil sie mich gerne dabei haben wollten. Das zeigt sehr gut, was ein Netzwerk ausmacht und wie Dinge laufen können, wenn man offen und ehrlich miteinander über die gegenseitigen Vorstellungen spricht.“

Was ihr an ihrem aktuellen Job so gut gefalle, sei die Vielfältigkeit ihrer Aufgaben. Das Team für Deutschland besteht aktuell aus vier Leuten. Marketing und Vertrieb fallen in ihren Bereich. So managt sie zum Beispiel aktuell die Markteinführung des CO2-Kalkulators für Gesteinskörnungen. In den Messe-Monaten sei sie fast wöchentlich auf einer anderen Veranstaltung, einen geregelten Berufsalltag habe sie deshalb aktuell nicht. Was sowohl schön und aufregend als auch anstrengend sei.

Nicht nur in ihrem jetzigen Job, sondern insbesondere auch im Bereich Verkehrsinfrastruktur sei sie richtig, richtig glücklich: „Der Bereich ist so vielfältig. Man kann sich im digitalen, ingenieurtechnischen oder vertrieblichen Bereich einbringen. Die Verkehrsinfrastruktur liegt an der Schnittstelle von Mobilitäts- und Baubranche, denn es geht darum, den Grundstein für die Mobilität von morgen zu legen. Dafür braucht die Branche noch viel Nachwuchs, der sehr gerne auch immer häufiger weiblich sein darf!”, sagt Isabelle, die ab 2024 selbst zwei neue Kolleg:innen im Bereich Sales und Customer Success Management sucht.

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