Marie-Astrid Reinartz ist Teil der Startup Unit der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. Dort vernetzt sie Gründer*innen mit etablierten Unternehmen. Ein Beispiel dafür ist das Mobility Meetup Cologne, das sie seit 2020 organisiert und leitet. Dort kommen Startups, etablierte Unternehmen, Stadtverwaltung, Universitäten und Multiplikatoren zusammen, um sich miteinander auszutauschen und gemeinsame Projekte zu initiieren. Dazu gehört derzeit auch die Arbeitsgruppe „Reallabor Köln+“.
Marie-Astrid Reinartz ist Techie von Klein auf. Ihr Vater sei sehr technikaffin gewesen und habe sie wie auch ihren älteren Bruder und ihre jüngere Schwester von Kind an Technik herangeführt. Spiele für ihren C64 gab es im Tausch gegen kleine Programmierübungen. „Da gab es kein: Mädchen können das nicht – da wurden keine Unterschiede gemacht. Das finde ich wichtig.”
Entsprechend hatte sie darüber nachgedacht, Informatik zu studieren. In der zwölften Klasse musste sie jedoch aus gesundheitlichen Gründen die Schule vorerst abbrechen und machte zunächst eine Grafik-Design-Ausbildung, bevor sie ihr Abitur nachholte und an der Ruhr Universität Bochum ein Studium begann. Allerdings nicht in Informatik, sondern in Soziologie und Japanologie. Im Anschluss folgte ein Master im Bereich Internationale Beziehungen mit Schwerpunkt ostasiatische Außenwirtschaft.
„Mein Lebenslauf ist nicht unbedingt normtypisch. Aber egal, was man studiert oder beruflich macht, man ist nur gut darin, wenn man auch mit Leidenschaft dabei ist.“
Marie-Astrid Reinartz, KölnBusiness Wirtschaftsförderung
Nachdem sie ein Praktikum in der Pressestelle der Ruhr-Universität Bochum absolvierte, stand für sie fest: sie wollte Redakteurin werden. Also machte Reinartz ein Volontariat bei der Dekra Media GmbH. Im Anschluss folgte eine mehrjährige Tätigkeit dort als Redakteurin und Projektmanagerin. Teil davon waren auch die Themenschwerpunkte Personenverkehr und Logistik. „Das war mein Einstieg ins Thema Mobilität”, sagt sie. “Ich habe über für Berufskraftfahrer relevante Themen geschrieben, für diese Schulungsunterlagen mitentwickelt und mich generell mit den Themenfeldern Automotive, Logistik und Aviation beschäftigt. Das Spektrum war entsprechend breit und hat auch weitere technische Bereiche wie IT, Industrie 4.0 oder den Health-Bereich umfasst.“
Heute ist Reinartz Teil der Startup Unit der KölnBusiness und vernetzt Startups mit etablierten Unternehmen. An der Breite ihres Aufgabenfeldes hat sich nichts geändert. Sie betreut heute unter anderem Startups aus den Bereichen Mobility, Logistik, IT, GreenTech, Digital Health & Life Science oder auch Industrie 4.0. Gemeinsam mit dem Team Leitmärkte und Innovationen der KölnBusiness entwickelt und begleitet sie zudem verschiedene Formate und Projekte in den genannten Bereichen. Ein weiteres Ziel, dem sie sich verschrieben hat, ist zudem die gezielte Förderung von Gründerinnen.
Gemeinsam mit Hamburg Invest, Berlin Partner, Munich Startup und ONE MISSION haben wir die Initiative #FemupStartups ins Leben gerufen. Es gibt immer noch viel zu wenig Startup-Gründerinnen, aktuell liegt der Prozentsatz bei gerade einmal um die 16 Prozent. Das spiegelt sich auch beim Zugang zu Venture Capital und Business Angel wider: Bekommen Männer meistens die Frage nach den Chancen gestellt, sind es bei Frauen zumeist die Risiken, zu denen sie sich äußern sollen.“
Marie-Astrid Reinartz, Startup Unit der KölnBusiness Wirtschaftsförderung
Zu diesem Job ist sie gekommen, nachdem sie zunächst als Referentin Kommunikation & Marketing bei der 2019 von der Stadt Köln ausgegründeten KölnBusiness Wirtschaftsförderung angefangen hat. „Ich habe gemerkt, dass mir die Zusammenarbeit mit den Startups und den Unternehmen großen Spaß macht und ich wollte das Startup-Ökosystem aktiv mitgestalten, anstatt nur darüber zu schreiben, sagt Reinartz. Also wechselte sie von der Kommunikation in die Umsetzung.
„Als städtisches Unternehmen vereinen wir die Vorteile aus zwei Welten und können schnell und agil auf Bedarfe von Unternehmen in Köln reagieren. Das gelingt uns, weil wir marktnah aufgestellt sind. Das KölnBusiness-Team bringt verschiedene Perspektiven zusammen, weil wir Kolleginnen und Kollegen aus der freien Wirtschaft, aber auch mit Verwaltungserfahrung haben. Und alle brennen für den Job und die Aufgabe. Ich erlebe im Team viel Engagement und Willen“, so Reinartz. „Es lässt sich immer etwas bewegen. Es muss nur jemand den Anfang machen. Da, wo es notwendig ist, machen wir den ersten Schritt, bringen die relevanten Akteure an einen Tisch und entwickeln gemeinsam mit diesen Projekten, die den Standort nach vorne bringen.“
Branchen-Meetups als Initialzünder für Kooperationen
Gemeinsam mit ihren Kolleg*innen aus dem Team Leitmärkte und Innovationen hat sie daher die sogenannten Branchen-Meetups ins Leben gerufen – eine kollaborative Plattform für Startups, etablierte Unternehmen, Wissenschaft, Stadtverwaltung und Multiplikatoren.
“Ich hatte mich im Sommer 2020 schon länger mit dem Gedanken getragen, für die Vernetzung von Startups und etablierten Unternehmen eine Art-Meetup-Format ins Leben zu rufen. Ein Austausch mit den Gründern Wolfram Uerlich von goFLUX Mobility und Tino Engelmann von Pinkbus hat dann gezeigt, dass die beiden zu dem Zeitpunkt eine ähnliche Idee verfolgt haben. Also haben wir uns entschieden zusammenzuarbeiten und haben gemeinsam das Mobility Meetup Cologne ins Leben gerufen. Wir wollten dabei eine Plattform schaffen, bei der die verschiedensten Akteur*innen zusammenkommen, Ideen austauschen und gemeinsam Lösungen für Probleme entwickeln, die sie alleine nicht bewältigen können.”
Als städtische Wirtschaftsförderung sind wir neutrale Partnerin und holen alle Akteure an einen Tisch. Die verschiedenen Puzzleteile setzen wir so gemeinsam zu komplexen Projekten zusammen.
Marie-Astrid Reinartz, Startup Unit der KölnBusiness Wirtschaftsförderung
Reinartz und ihre Kolleg*innen haben das Format seitdem auf zahlreiche weitere Branchen, wie z. B. Logistik, GreenTech/SDG oder Digital Health übertragen. Auch entwickeln sie das Konzept stetig weiter. „Wenn wir Synergien zwischen den einzelnen Meetups erkennen, wie es z. B. beim Mobility-, dem Logistik und dem GreenTech-Meetup der Fall war, vernetzen wir die verschiedenen Akteure miteinander und unterstützen sie bei gemeinsamen Projekten.”
Reallabor führt Vernetzungsgedanken fort
Aus den Meetups entstehen wiederum Arbeitsgruppen, die an ganz konkreten Projekten arbeiten. Eines davon ist das „Reallabor Köln+“ für eine lebenswerte Stadt. Gestartet hatte die Gruppe mit dem Wunsch, eine Mobilitätskonferenz zu organisieren, Viktoria Brandenburg, Geschäftsführerin einer Kölner Designagentur für Mobilität, hatte dann die Idee, stattdessen ein Mobility Reallabor am Standort zu entwickeln.
Ziel ist es, nachhaltige und innovative Kooperationsprojekte, die die Bereiche Personenverkehr, Logistik, Energie/Infrastruktur und Städtebau/Immobilienwirtschaft miteinander verknüpfen, zu fördern und auf die Straße zu bringen. Unterstützung erhalten Reinartz und Brandenburg dabei von den anderen Mitgliedern der Arbeitsgruppe, zu denen genauso Mobilitäts-Vertreter von Startups und großen Mobilitätsunternehmen gehören wie Professoren sowie Vertreter städtischer Unternehmen und der Stadtverwaltung.
„Wenn ich z. B. in einer Stadt den Anteil der Elektromobilität erhöhen möchte, brauche ich ein Unternehmen, dass die Ladesäulen dafür bereitstellt, die Stadt, die den Aufbau der Ladesäulen im öffentlichen Raum genehmigen muss, die Immobilienwirtschaft, die ggf. Parkhäuser und Tiefgaragen mit Ladesäulen ausstattet usw. Je innovativer und tiefgreifender das Ziel ist, desto mehr Akteur*innen gilt es auch an einen Tisch zu holen. Nur wenn alle zusammenarbeiten und an einem Strang ziehen, lassen sich die Visionen für eine Mobilität von morgen umsetzen“, erklärt Reinartz.
Zu den Projektpartnern des „Reallabor Köln+“ zählen neben KölnBusiness bisher die TH Köln, die KVB, die RheinEnergie, die Stadtverwaltung, STRÖER, goFLUX, DIE INFORMATIONSDESIGNER, Schwarz Mobility Solutions, Allegium und Pinkbus. „Die Arbeitsgruppe hofft allerdings, dass wir bald noch mehr begeisterte Mitstreiter für unser Vorhaben gewinnen können und plant aktuell auch eine Vorstellung des Konzeptes im Rahmen der polisMOBILITY.
„Die Teilnehmer:innen in den Arbeitsgruppen sind in vielen Fällen ehrenamtlich aktiv. Hier engagieren sich Geschäftsführer:innen oder Hochschulprofessor:innen abends nach dem eigentlichen Job und erarbeiten Konzepte und Strategien. Da steckt so viel Motivation und Herzblut drin, das ist schon beeindruckend”
Marie-Astrid Reinartz, Startup Unit der KölnBusiness Wirtschaftsförderung
Die Meetups gibts seit Dezember 2020, die Arbeitsgruppe Reallabor ist im Januar 2021 gegründet worden. Aktuell gibt es ein abgestimmtes Konzept für das Reallabor, die ersten Förderanträge sollen im Idealfall im zweiten Halbjahr 2023 eingereicht werden. „Ohne Finanzierung und ohne das notwendige Personal geht sowas nicht. Wie gesagt: die Leute machen das zumeist im Ehrenamt neben ihren eigentlichen Jobs”, so Reinartz.
Man habe zwar viele Unterstützer:innen, auch aus dem öffentlichen Bereich, aber für Fördergelder gebe es nun mal keine Fastlane. Bevor das Kölner Reallabor in die Umsetzung gehen kann, müssen die Gelder genehmigt werden.
„Das tolle an meinem Job ist, wenn man sieht, wie verschiedene Leute an einen Tisch kommen, jeder sein Teil des Puzzles mitbringt und am Ende ein tolles Gesamtbild in Form eines innovativen Projektes oder einer erfolgreichen Initiative daraus wird. Und selbst, wenn ein solches Vorhaben einmal scheitert, ist viel gewonnen, da die so geknüpften Verbindungen und Synergien trotzdem oft über viele Jahre bestehen bleiben.“
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