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rhein-ruhr

"Mobilität braucht Frauen!"

Vergangenen Donnerstag und Freitag hat sie stattgefunden, die WiM Winter School. Das große, digitale Learningevent der Women in Mobility. Was die Teilnehmer:innen gelernt haben, welche Speaker:in sie besonders überrascht hat und welche Sessions ihnen am besten gefallen haben, lest ihr hier in der Rückschau.

Nach fast einem Jahr der Planung und Organisation hat die WiM Winter School nun endlich stattgefunden: am 18 und 19. November kamen mehr als 400 Teilnehmende und rund 70 Speakerinnen und Speaker zusammen, um zwei Tage lang voneinander zu lernen.


Sei es fachlich:

  • wie visualisiere ich Mobilitätsdaten am besten

  • wie implementiere ich den Datenschutz frühzeitig in meine Projekte

  • wo erhalte ich Förderungen für die Elektrifizierung meiner Busflotte

als auch persönlich:

  • wie erhöhe ich meine Resilienz

  • wie präsentiere ich on- und offline vor Publikum

  • wie gehe ich mit Konflikten im Job um

In manchen Sessions nahmen in der Spitze bis zu 150 Interessierte teil.


 

Inhaltsverzeichnis


 


Vor Beginn des Events

Der Countdown läuft: das Orga-Team trifft sich am #MobilityDay morgens ab 08:15 Uhr zum finalen Tech-Check im Backstage-Raum für Redner:innen. WiM-Mitgründerin Sophia von Berg hat das heimische Wohnzimmer in ein Moderationsstudio verwandelt, die Sessionräume sind offen, die Sessionbetreuerinnen haben (fast alle) ihre Event-Shirts erhalten, an und sitzen gespannt vor ihren PCs. Gleich geht's los ...



Den Auftakt der Veranstaltung übernahm BVG-Chefin Eva Kreienkamp mit einem grandiosen Impulsvortrag: "Die Mobilitätsbranche steht vor einer Zeitenwende", sagte sie.

Egal, ob die Mikromobilität mit ihren eScootern und Leihrädern, die Plattformmobilität wie Lyft und Uber aber auch die on demand-Mobilität wie Emma und Moia - dies alles seien Experimente, um dieser Zeitenwende gerecht zu werden und nachhaltige, klimafreundliche Mobilität auf der letzten Meile, in Randgebieten oder auf dem Land zu realisieren. "Und all diese Facetten spiegeln sich im Programm der WiM Winter School wieder - das finde ich so großartig."



"Aktuell wird Mobilität zu 80 Prozent von Männern entschieden, das kann nicht die Lösung sein", so Kreienkamp.


"Viel mehr Frauen müssen Mobilität gestalten. Deshalb wünsche ich mir, dass ihr die Energie, die in den 2 Tagen bei der Winter School entsteht, in die Unternehmen, Unis und Kommunen getragen werden, damit sich etwas verändert.

Deshalb: Habt Spaß, tauscht euch aus, lernt voneinander - und setzt es um."










Und mit diesem Aufruf ging es in den ersten Tag, an dem 31 Speaker und Speakerinnen - manche davon in Japan, Kanada oder den Vereinigten Arabischen Emiraten - in jeweils 50 minütigen Workshops ihr Wissen mit den Teilnehmenden teilten.


Darunter zum Beispiel die Session von Ghazaleh Koohestanian, Gründerin und CEO der Re2you GmbH, die erklärte, wie Unternehmen ihre Mobilitätsdienstleistungen datensouverän und unabhängig von Betriebssystemen oder Geräten anbieten. Quasi in einer Art Supercloud. Für die Unternehmen habe das den Vorteil, dass sie keine Vermittlungsprovision an Plattformen zahlen müssen und ihr Angebot auf einem 20 Jahre alten Dell PC mit Windows 7 genauso gut funktioniert wie auf dem neuesten iPhone. "Das Endgerät wird so zum Interface."

Ihre klare Empfehlung an Anbieter von Apps und sonstigen digital buchbaren Mobilitätsangeboten: "Bildet ein Ökosystem mit euren Partnern. Bei denen liegen die Kundendaten vermutlich ohnehin fragmentiert vor, weil der Bahnkunde auch Netflix-Kunde ist."



Ebenfalls Thema im Stream Daten und Mobilität: Wie können wir Bewegungsdaten besser verstehen und nutzen? Anita Graser vom AIT zeigte visualisierte Bewegungsdaten von Flugzeugen, Schiffen oder Shared Vehicles - und gab einen Einblick in die gar nicht mehr so schönen Mobilitätsdaten, mit denen Wissenschaft und Mobilitätsbranche im Alltag zu tun haben.


Die Mehrheit der Daten, die herangezogen werden, um Straßen, Bustaktungen oder benötigte Parkbänke zu bestimmen, seien unsauber, weil sie von Fitnesstrackern oder Bezahlvorgängen, von Telefondaten oder Smartwatches stammen. "GPS hat eine Genauigkeit von 10 bis 15 Metern, bei Mobilfunkdaten kann es schon ein Kilometer sein", so die Geoinformatikerin. "Auch stehende Fahrzeuge senden Daten, auch Zeitstempel können fehlerhaft sein." Mobilitätsdaten seien immer chaotisch und nie vollständig. Ihr Rat an alle, die beruflich mit Mobilitätsdaten zu tun haben: "Datenvisualisierung ist wichtig, um Muster zu erkennen, wer nur auf die Zahlen schaut, erkennt Veränderungen nicht."

Sie empfahl Tools wie Moving Pandas und Jupyter, um Daten zu analysieren, auszuwerten und zu visualisieren.


Einblick in einige #MobilitySessions zum Durchklicken

Bei Isabell Eberlein von velokonzept, Prof. Dr. Julia Bee von der Bauhaus Uni Weimar, Anke Fesel (Museum der Subkulturen) und Bianca Schrauwen (Stadtmuseum Berlin) drehte sich alles um die Mobilitätskultur und wie welche Mobilität in welcher Kultur dargestellt wird. Das Fazit aus dieser Session: "Gebaute Infrastruktur hat Auswirkungen, aber auch unsere Bilder und Sprache: hier fahren coole Rapper mit dicken Autos um den Block, in den Niederlanden mit Custom-Fahrrädern. Hier ist das Fahrrad etwas für Leute, die Sport machen wollen oder kein Geld für ein Auto haben, für Senioren scheint das Rad aufgrund ihres Alters nicht zumutbar zu sein. Das ist in anderen Ländern ganz anders."


In der Session von Dr. Stefanie Wolff drehte sich alles um die Förderung für die Elektrifizierung von Fuhrparks und die Anschaffung von Ladeinfrastruktur. Sie erklärte en Detail, wie ein Förderantrag aussieht, was gefördert wird und was nicht und wie sich Unternehmen und Kommunen mit ihren Nachbarn zusammentun können, um sich beispielsweise den Fuhrpark oder die Ladesäulen zu teilen. Ihr wichtigster Appell: "Bitte ruft die bewilligten Fördergelder auch ab: wenn ihr sie nicht abruft, sind sie für andere Projekte blockiert. Gelder, die nicht abgerufen werden, gehen zurück in den Haushalt und sind für andere weg."


Ebenfalls an Tag eins dabei: die Session von Dr. Angela Jain, die sich mit der Frage beschäftigte, wie sich Regeln für die Nutzung öffentlicher Räume festlegen lassen. Sie ist Projektbeteiligte an einem Smart City-Projekt des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das die Aufenthaltsqualität an öffentlichen Plätzen für alle verbessern will. Vom Autofahrer über die Radfahrerin, von der Pendlerin über den Kiosk-Besitzer bis zum Touristen - für sie alle soll der öffentliche Raum vor Bahnhöfen ein positiv nutzbarer Ort werden.


Erstes Test- und Experimentierfeld: der Platz vor dem Bahnhof Zoo in Berlin. Das Ziel bis 2025:

  • die Fläche auf Basis von Nutzer:innendaten dynamisch nutzbar machen

  • ein Betreibermodell etablieren, das Rechte und Pflichten der Akteure vor Ort regelt

  • eine Verhandlungsplattform schaffen, um den Betrieb zu planen, zu managen und zu gewährleisten und Nutzungskonflikte zu minimieren


Bei Wiebke Preuss ging es um die Frage, wie Tarifkonzepte helfen können, die Nachfragekrise im ÖPNV zu überwinden. Während sich die Verkehrsunternehmen in der Corona-Krise vorwiegend darauf konzentriert hätten, keine Abo-Kunden zu verlieren, seien kaum oder wenig überzeugende Angebote für Gelegenheitsfahrgäste entwickelt worden.

Grundsätzlich müsse der ÖPNV sich fragen, was die Fahrgäste wollen und was sie brauchen. Hier gelte es besonders, die Trends zu mehr mobiler Arbeit zu berücksichtigen, die steigenden Fahrgasterwartungen an Pünktlichkeit, Informationen, Service und Sauberkeit und die vielfältigeren Mobilitätsangebote. "Was können wir tun, um diesen Kunden etwas anzubieten, damit sie zum ÖPNV zurückkommen?" fragte sie und stellte die Homezone des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV) als eine gute Lösung für Gelegnheitskund:innen vor. "Die Homezone löst viele Probleme, die der ÖPNV hat."



Um 16:20 Uhr endete der offizielle Programmteil des #MobilityDays. Die Teilnehmenden konnten im Anschluss noch bis 17 Uhr die Networking-Funktion nutzen und sich per Zufallsgenerator für drei Minuten mit einer anderen Person in einem Videochat zusammenbringen lassen. Während der WiM Winter School haben mehr als 300 Menschen diese Funktion genutzt, es gab mehr als 160 Matches. Außerdem gab es während der gesamten WiM Winter School mehr als 4000 Chats zwischen Teilnehmenden und während der Sessions.


Verabschiedung und Danksagung, #MobilityDay

Während der gesamten Veranstaltung glühte übrigens im Hintergrund bei den WiM, die sich um Organisation, Sessionbetreuung und Technik kümmern, die WhatsApp-Gruppe:

27 Frauen teilten sich gegenseitig die Zahl der Teilnehmenden in ihren Sessions mit:

  • "46 bei Susanne de Jesus Oliviere!"

  • "Himmel, dieses Thema Machtspielchen scheint viele zu beschäftigen, über 150 Teilnehmende!"

  • "81 bei Sylvia Lier."

Aber auch technische Probleme wurden hinter den Kulissen geklärt, Speakerinnen gesucht und gefunden, Sessions getauscht, Moderationen für andere übernommen und sich immer wieder gegenseitig unterstützt und ermuntert.




Schon nach Tag eins war das Feedback der Teilnehmenden und der Speaker:innen überwältigend, auf den Social Media-Kanälen der Women in Mobility sind die Zahl der Follower:innen, der Klicks und auch die Reichweite selbst stark angestiegen.



Allein bei Twitter gab es mehr als 200 Tweets mit dem Hahstag #WiMwinterschool, die mehr als 560.000 Menschen erreicht haben. Bei LinkedIn gab es alleine während des Events mehr als 70 Postings, Kommentare und Reaktionen zur #WiMwinterschool.

Die Zahl der Follower bei LinkedIn stieg am #MobilityDay um 22 Personen (+ 633% im Vergleich zum Vortag) und am #EmpowermentDay um 43 (+95% im Vergleich zum Vortag).


Besonders große Beachtung auf Social Media fand der Impulsvortrag von DB Cargo-Vorständin Dr. Sigrid Nikutta, die den #EmpowermentDay am 19.11. eröffnete.

Sie begrüßte die Teilnehmenden mit den Worten: "Sie haben sich die richtige Branche ausgesucht, denn Mobilität braucht Frauen." Sie sagte, dass es hart sei, als Frau in der Branche Karriere zu machen, dass es aber auch eine ganze Menge Spaß mache. Die Quote spiele hier eine wichtige Rolle, auch wenn viele, gerade junge Frauen der Meinung seien, es mit Fleiß und Leistung nach oben zu schaffen. "Der Punkt wird kommen, an dem es eine Rolle spielt, ob sie eine Frau sind, ob sie Kinder wollen oder haben und selbst wenn sie keine haben, wird es einen Unterschied machen, weil sie theoretisch welche bekommen könnten."


"Seien Sie diejenige, die den Leuten einfällt, wenn sie eine Stelle zu besetzen haben"

Ihr Tipp: nicht zum Inventar des eigenen Unternehmens zu gehören. "Seien Sie loyal, aber arbeiten sie an ihrer Fluchtfähigkeit. Sie sind nicht mit ihrem Unternehmen verheiratet. Arbeiten sie an ihrem Netzwerk, damit sie ihr Unternehmen jederzeit verlassen könnten", riet sie.

Netzwerke müsse man aufbauen und pflegen, wenn man sie nicht brauche, um im Notfall auf sie zurückgreifen zu können. Das kommunikative Bierchen oder der kommunikative Wein seien dabei von entscheidender Bedeutung.

"Es ist wichtig, gute Leistung zu zeigen - aber es reicht nicht. Arbeiten sie an ihrer Sichtbarkeit." Wer wie sie sehr sichtbar sei, müsse sich manches anhören: ob sie noch zum Arbeiten komme vor lauter Social Media-Präsenz. Ihr - auf Social Media viel zitiertes - Fazit dazu: "Neid muss man sich erarbeiten."

Einblicke in die #Empowerment-Sessions aus Sicht der Teilnehmenden

Danach ging es in eine Vielzahl von Sessions - vom richtigen Einsatz von Design Thinking über Tipps für die Gehaltsverhandlung bis zum Umgang mit sexistischen und diskriminierenden Sprüchen im Job.




Session-Betreuerin Mady Christ vom WiM Hub München sagte am Ende des EmpowermentDays: "Besonders beeindruckt hat mich Anastasia Umrik mit ihrer Session „Wie sehen die Checklisten von Menschen mit Einschränkungen aus, bevor sie das Haus verlassen?“.

Mir ist im Nachgang erst wieder so richtig bewusst geworden, wie privilegiert die meisten im Umgang mit Mobilität sind. Ich wohne in einer Großstadt mit einer Vielfalt an Optionen, die mich von jetzt auf gleich von A nach B bringen, manche komfortabler, schneller oder günstiger als andere. Aber wir haben die Wahl.




Anastasia hat sehr offen darüber berichtet, mit welchen Schwierigkeiten sie konfrontiert ist, wie viel Zeit, Energie (und Nerven) nötig sind, um alltägliche Dinge zu erledigen. Ganz zu schweigen davon, welcher Aufwand nötig ist, wenn man bekannte Wege verlässt. In der Diskussion mit den Teilnehmenden ist auch klar geworden, wie vielfältig und -schichtig das Thema „Mobilität mit Einschränkungen“ ist. Eine „one-fits-all“-Lösung wird es vermutlich nicht geben, aber so wie sich die Situation aktuell darstellt, kann es nicht bleiben. Danke Anastasia für diese ehrlichen Einblicke und die Empfehlung für die „Sozialheld*innen“.


Wunsch für die Zukunft: Jede WiM bringt einen Kollegen mit

Für ehrliche Einblicke und Tipps ist der #EmpowermentDay von den Teilnehmerinnen - der Frauenanteil lag bei mehr als 90 Prozent - sehr gelobt worden. Um das noch stärker in die Branche zu tragen, rief WiM-Mitgründerin Sophia von Berg die Teilnehmenden dazu auf, zur nächsten WiM-Veranstaltung einen männlichen Kollegen mitzubringen: "Stadtplanung, Inklusion, Datenmanagement, das sind ja keine rosa Themen", sagte sie. Wann das nächste überregionale WiM Event stattfindet, dazu gäbe es noch keine konkreten Pläne, so von Berg.


Aber ...


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