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Nachhaltige Mobilität: Deutsche Großstädte unter den Top 10

Klimawandel und Bevölkerungswachstum stellen Städte weltweit vor große Herausforderungen. Sie müssen Ressourcen und Verkehr nachhaltig managen. Dafür muss vor allem investiert und modernisiert werden. Wie gut das den Großstädten gelingt, zeigt der Urban Mobility Readiness Report. Die gute Nachricht: Unter den Top 10 der Metropolen mit der nachhaltigsten Mobilität sind auch zwei deutsche Großstädte.


 

Die Metropolen dieser Welt ächzen unter zunehmendem Verkehr: Pendler:innen und Lieferverkehr sorgen für verstopfte Straßen, Unfälle und schlechte Luft in den Straßen. Je mehr Menschen irgendwo leben, desto schlimmer ist es. Die Zukunft der Personenbeförderung in den Metropolen, so heißt es im Bericht, wird von einer Kombination der Faktoren abhängig sein. Wer Massen bewegen will, braucht ein Angebot, das effizient, bequem und zugänglich ist. Gleichzeitig müssen Städte in Lösungen für klimafreundliche Individualmobilität investieren und Radwege- sowie Fußinfrastruktur ausbauen. Auch sollten sie umweltfreundliche Antriebstechnologien fördern. All das kostet Geld.


Der Urban Mobility Readiness Report von der University of California Berkeley und der Strategieberatung Oliver Wyman untersucht, inwieweit die Metropolen den Anforderungen gewachsen sind. Dabei berücksichtigt er verschiedene Kategorien zur Bewertung der Qualität der Mobilität. Es geht nicht alleine um die Frage, wo die meisten Buslinien unterwegs sind oder welche Stadt die meisten Elektroautos hat.

So fährt Hong Kong mit seinem ÖPNV-Angebot zwar die meisten Punkte ein, dafür bekommt Mumbai eine Top-Bewertung in Sachen Verkehrssicherheit. Bangkok hat die größte prozentuale Steigerung der Fahrgastzahlen erreicht (dank günstiger Tickets und besserem Service). Casablanca hat die meisten Fußgänger und Oslo macht in punkto Nachhaltigkeit den ersten Platz. Allgemein haben asiatischen Städte die höchste Dichte an öffentlichen Bahnhöfen und schon allein wegen ihrer Größe die höchste Fahrgastzahlen. Dagegen fahren Bus und Bahn in Europas Metropolen nahezu rund um die Uhr. Und es gibt mehr multimodale Angebote wie Leihräder, Scooter, Carsharing. Klar ist: Jede Stadt hat Optimierungspotenzial. Perfekt ist es nirgendwo.

Städte, die kontinuierlich in Mobilität investieren, können aber im Ranking aufsteigen. So wie Jeddah in Saudi-Arabien, wo kontinuierlich in die Verbesserung der Mobilitätsnetze investiert wird. Metropolen wie Singapur, Zürich, Boston und Los Angeles wurden dagegen von anderen Städten überholt. Sie müssen ihre Bemühungen zur Modernisierung ihrer Mobilitätsnetze intensivieren.


Verkehrssicherheit, Luftqualität und die Ausgaben, die dem Transport von Menschen und Gütern zugutekommen, haben unmittelbare Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bevölkerung

Alexandre Bayen, Professor für Elektrotechnik und Informatik an der UC Berkeley



Helsinki

Platz eins im Ranking belegt Helsinki. Die finnische Hauptstadt verfügt über autofreie Zonen, große Investitionen in die Ladeinfrastruktur, fortschrittliche Radinfrastruktur und ein wachsendes öffentliches Verkehrsnetz mit neuen Projekten für leichte Schienen und Straßenbahnen. Mit einer Erweiterung des Angebots im öffentlichen Verkehr versucht Helsinki, die Fahrgastzahlen zu steigern. Das öffentliche Verkehrsnetz ist in Helsinki sehr gut ausgebaut und man kann mit den verschiedenen Verkehrsmitteln jeden Teil der Stadt bzw. mit der S-Bahn auch das Umland und die Region erreichen. Mit der Helsinki Card lassen sich alle öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, der Preis für eine Einzelfahrt orientiert sich nach der zurückgelegten Strecke.



Amsterdam

Amsterdam hat es erstmals seit 2021 wieder unter die Top Fünf im Gesamtranking geschafft. Und belegt dann gleich Platz zwei. Neben dem Ruf als Fahrradhauptstadt der Welt zeichnet sich die Stadt durch ein äußerst effizientes Mobilitätsnetzwerk aus, das auf Verkehrsmanagementsystemen und einer dichten Infrastruktur von Ladestationen für Elektrofahrzeuge basiert. Die städtischen Pläne zielen darauf ab, dass bis 2030 mindestens 35% aller Fahrten in der Stadt auf Fahrrädern stattfinden. Zusätzlich soll durch die Förderung von Elektrofahrzeugen und den Ausbau der Ladeinfrastruktur bis 2030 der gesamte Verkehr klimaneutral sein.



Stockholm

Im Gesamtranking schafft es die schwedische Hauptstadt dank erschwinglicher Ticketpreise, einer hohen Dichte von ÖPNV-Stationen und kurzen Reisezeiten auf Platz drei. In den Sub-Indizes Nachhaltigkeit und öffentlicher Verkehr belegt Stockholm jeweils den fünften Rang. Die Stadt plant Berichten zufolge, die Kapazität ihres ÖPNV-Netzwerks nahezu zu verdoppeln, um eine wachsende Bevölkerung zu bedienen. Zudem begann Stockholm im Juni 2022 mit der Elektrifizierung seiner Busflotten und dem gezielten Ausbau Ladeinfrastruktur.


San Francisco

San Francisco ist bleibt ein globaler Hotspot für öffentliche und private Investitionen in die Mobilität, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf Anreizen für Elektrofahrzeuge liegt. Schätzungen der Stadt zufolge soll die Anzahl öffentlicher Ladestationen bis 2025 auf 2.000 verdoppelt werden. Bis 2026 sollen EVs die Hälfte der Neuzulassungen ausmachen. Die Stadt konzentriert sich auf batteriebetriebenen Individualverkehr und autonome Robotaxis. Dafür gibt es kaum öffentliche Verkehrsangebote. Der städtische Verkehrsplan sieht einen zusätzlichen Bahnhof in Bayview vor, der bis zu 4.000 tägliche Fahrten aufnehmen kann und innerhalb einer halben Meile von 2.500 einkommensschwachen Bewohnern liegt.



München

Eine robuste multimodale Infrastruktur, autofreie Zonen und gut gepflegte Straßen haben München den fünften Platz beschert. Im Februar 2023 verhängte die Stadt ein Verbot für Diesel-Fahrzeuge im erweiterten Radius des Stadtzentrums. Münchens Plan, bis 2035 80 % der Straßen für Fahrräder, den öffentlichen Verkehr und Elektrofahrzeuge zu reservieren, trug dazu bei, dass es sich im nachhaltigen Mobilitäts-Sub-Index unter den Top 10 platzierte.

München verfügt außerdem über eine ausgezeichnete Lieferketteninfrastruktur, die große Fertigungsunternehmen anzieht. Im August 2023 stellte die Europäische Investitionsbank zusammen mit anderen Finanzinstituten etwa 2 Milliarden Euro für das S-Bahn-Schienensystem in München bereit, um 90 neue Züge einzusetzen.



Singapore

Singapurs öffentliches Verkehrssystem zählt zu den besten weltweit: mit einer vielfältigen Auswahl an Verkehrsmitteln, erschwinglichen Preisen, schnellen Pendelzeiten und Stationen in bequemer Reichweite. Im Sub-Index für den öffentlichen Verkehr beleg Singapur Platz drei. Dennoch hat die Stadt das Ziel, die Zugänglichkeit zu den Stationen weiter zu verbessern. Bis 2030 soll ein erweitertes Schienennetz 80% der Haushalte innerhalb von 10 Minuten mit einer Station verbinden. Das Ziel ist eine "45-Minuten-Stadt". Zusätzlich ist die Belastung durch den Autoverkehr in Singapur vergleichsweise niedrig, weil nur wenige Menschen ein eigenes Auto besitzen. Insgesamt belegt die Metropole Platz sechs im Ranking.



Zürich

Zürich verfügt über ein starkes, vielfältiges multimodales öffentliches Verkehrssystem, das für seine Effizienz, Erschwinglichkeit und gute Erreichbarkeit Stationen bekannt ist. Diese Merkmale haben die Stadt zum zweiten Mal in Folge auf den zweiten Platz im Sub-Index für den öffentlichen Verkehr katapultiert. Die Stadt hat auch nur vergleichsweise wenige verkehrsbedingte Todesfälle zu beklageen. Um die Verkehrssicherheit weiter zu erhöhen, will Zürich bis 2030 die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde senken. Bis 2022 lag die zugelassene Höchstgeschwindigkeit bei 40 km/h innerorts, was zu einer spürbaren Verbesserung der Sicherheit führte.


Paris

Platz acht im Gesamtranking geht an die französische Hauptstadt. In Paris wird durch den Bau von Fahrradwegen und autofreien Zonen die aktive Mobilität gefördert. Dafür hat die Regierung von 2015 bis 2026 mehr als 264 Millionen US-Dollar für den Bau von etwa 179 Kilometern neuen Fahrradwegen bereitgestellt. Im Jahr 2022 haben die Pariser Wirtschaftsschule und drei öffentliche und private Institutionen zusätzlich einen neuen universitären Forschungsbereich zur Untersuchung von städtischer Mobilität und Energieentwicklung geschaffen. Im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 2024 sollen Radwegen gebaut werden, die das Stadtzentrum mit den Sportstätten in den Außenbezirken verbinden.


Kopenhagen

Ein Neuzugang im Index 2023 ist Kopenhagen. Die Stadt verfügt über autofreie Zonen und eine Radinfrastruktur, die es den Menschen ermöglicht, sich aktiv fürs Fahrradfahren zu entscheiden. Im Jahr 2022 eröffnete Kopenhagen fünf zusätzliche "Cycle Superhighways", die zusammen 25 Kilometer lang sind. Die Förderung aktiver Mobilität hat dazu beigetragen, Licht- und Lärmbelästigung zu reduzieren und die Luftqualität zu verbessern. Die Stadt verfügt auch über eines der weltweit stärksten multimodalen öffentlichen Verkehrssysteme, das für erschwingliche Tarife und ausreichende Betriebsstunden bekannt ist.



Berlin

Dank autofreier Fußgängerzonen hat Berlin global den höchsten Anteil von Fußgängern. Berlin ist außerdem für die gute Erreichbarkeit und die große Auswahl an multimodalen Verkehrsoptionen bekannt. Das Deutschland-Ticket gibt, wie auch bei München, einen Pluspunkt in Sachen erschwingliche Ticketpreise. Damit landet Berlin insgesamt auf Platz zehn sowie in den Top 10 der Sub-Indizes für öffentlichen Verkehr und nachhaltige Mobilität. Allerdings habe der Berliner Senat bisher noch nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel in die Radwege-Infrastruktur investiert.

 

Über den Index

Die Ausgabe 2023 des Urban Mobility Readiness Index bietet eine eingehende Analyse von 65 globalen Städten. Diese Städte repräsentieren Nordamerika, Lateinamerika, Europa, den Nahen Osten, den asiatisch-pazifischen Raum und Afrika. Sie reichen von Megastädten wie Tokio und Delhi über kompaktere Städte wie Oslo und Washington D.C. bis hin zu sich schnell entwickelnden Metropolen wie Nairobi.


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