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"Wir arbeiteten mehr mit dem Hammer als mit Geduld."

Unsere Mobilmacherin der Woche ist ausnahmsweise eine historische Person, die wir anlässlich ihres 32. Todestages vorstellen. Und wegen ihres Muts und ihrem Vorbildcharakter: die deutsche Rennfahrerin Clärenore Stinnes († 7. September 1990) umrundete als erster Mensch die Erde - in einem Auto.


Unsere Mobilmacherin der Woche ist, anders als die anderen hier bisher vorgestellten Menschen, eine historische Figur. Vor Kurzem war ihr 32. Todestag.

Clara Eleonore Stinnes, Rufname Clärenore, wurde 1901 in Mülheim an der Ruhr geboren. Schon als junges Mädchen liebte sie Autos. Auf dem Industriehof des elterlichen Konzerns drehte sie als die ersten Runden. Mit 18 Jahren machte sie ihren Führerschein – was für eine Frau zur damaligen Zeit etwas sehr Ungewöhnliches war.

Sie arbeitete im Betrieb ihres Vaters - auch diese Berufstätigkeit war damals eher ungewöhnlich. Nachdem ihr Vater starb und ihre Mutter sie am liebsten verheiraten wollte, zog sie nach Berlin. Sie trug Anzug und Krawatte und gründet einen Handel für automatische Schmierspritzen. „Das war ein Skandal damals“, erzählt Clärenore 1990 bei einem Interview mit dem Filmemacher Michael Kuball.


Im Alter von 24 Jahren nahm sie zum ersten Mal bei einem Autorennen teil. Zunächst fuhr sie als Fräulein Lehmann, um nicht mit dem Namen ihres Vaters, sondern als eigenständige Person zu fahren. Später fährt sie unter ihrem Spitzname Clärenore.

Binnen drei Jahren gewann sie 17 Autorennen und wurde so zur erfolgreichsten Rennfahrerin in Europa. „Ich fuhr jetzt unter Eigenleistung im freien Kampf mit der Männerwelt als eine Frau unter Männern“, sagt Clärenore bei dem Interview im Jahr 1990.


Traum von der Weltreise – mit dem Auto

Clärenore träumte davon, mit einem Auto von Deutschland über Japan bis in die USA zu fahren. Weil ihre Mutter und die beiden Brüder sie finanziell nicht unterstützten, suchte sie sich Sponsoren für ihre Weltreise: Die Firmen Aral, Bosch und Continental unterstützten Clärenore mit 100.000 Reichsmark. Vom Autobauer Adler bekam sie das Auto für die Reise sowie ein Begleitfahrzeug gestellt: eine Adler-Limousine Standard 6 mit 40 PS und Drei-Gang-Getriebe und einem Adler-Halbtonner-Lastwagen.

Gemeinsam mit den zwei Mechanikern Viktor Heidtlinger und Hans Grunow, dem Fotografen und Kameramann Carl-Axel Söderström, einem Hund, drei Revolvern und einem Lastwagen mit Benzin, Vorräten und Ersatzteilen brach sie am 25. Mai 1927 vom Hof der Adlerwerke in Frankfurt aus zu ihrer Weltreise auf.



Nach 500 Kilometern geht in der Tschechoslowakei die Kupplung ihres Wagens kaputt. Es bleibt nicht die letzte Panne. Auf vielen Strecken gibt es noch gar keine Straßen, die sich für Autos eigneten.

In mir bin ich immer gleichberechtigt gewesen. Ich sehe keinen Unterschied zwischen Mann und Frau. Ich bin aufgewachsen mit Brüdern. Bei denen habe ich mir meine Ellenbogen und meine Position erobern oder erzwingen müssen.

Clärenore Stinner-Söderström


Ihre Reise führte sie über den Balkan und Moskau, durch Sibirien und die Wüste Gobi nach Peking. Beide Techniker verließen Clärenore schon in Russland verlassen. Ihr Tempo – Pausen gab es keine – sorgte für schlechte Stimmung im Team. Immer wieder gab es Autopannen oder die Vorräte reichten nicht. "Sie muss aus Stahl gemacht sein, so wie sie alles aushält, ohne zu klagen", schrieb Carl-Axel Söderström während der Fahrt in sein Tagebuch.


1928 erreichten Clärenore und ihr Fotograf Japan. Von dort aus ging es mit dem Schiff weiter nach Peru. In den Anden sprengte Clärenore mit Dynamit Wege frei, wo keine waren. Mitten im Gebirge blieb das Auto erneut liegen. Sie und Carl-Axel wären beinahe verdurstet, hätten sie nicht das Wasser aus dem Kühler des Wagens getrunken. Einheimische fanden die Weltreisenden in letzter Minute und zogen das Auto mit Seilen über den Gipfel. Clärenore machte sich erneut an die Reparatur. In ihrem Buch „Im Auto durch zwei Welten. Die erste Autofahrt einer Frau um die Welt 1927 bis 1929“ schreibt sie über die Zeit: „Wir arbeiteten fieberhaft, mehr mit dem Hammer als mit Geduld. Unsere Hände waren wundgerissen und blutig.“


"Die scharfen Gesteinssplitter zerschnitten unsere Autoreifen, mit Dynamit mussten wir uns die Wege ins Freie sprengen, mit Flaschenzügen die Gipfel nehmen. Bei der Überwindung der peruanischen Kordilleren vollführte Söderström einmal eine wahre Todesfahrt über einen steilen Abhang."

Clärenore Stinnes-Söderström im Film 'Im Auto durch zwei Welten - Die erste Autofahrt um die Erde' von 1931


Von Valparaiso in Chile ging die Reise dann mit dem Schiff nach Vancouver. Sie fahren quer durch die USA, wo sie von Reportern und Prominenz empfangen und gefeiert werden: Henry Ford beispielsweise führt sie durch seine Firma in Detroit, der damalige US-Präsident Herbert Hoover lädt sie ins Weiße Haus ein.



Von New York aus geht es mit dem Schiff zurück nach Europa. Sie legten im französischen Le Havre an und fuhren von dort weiter nach Deutschland. Nach 46.063 gefahrenen Kilometern erreichten sie am 24. Juni 1929 Berlin. Zu Ehren ihres Fotografen Söderströms fuhren sie anschließend weiter nach Stockholm. Damit haben die beiden 49.244 Kilometer in einem PKW zurückgelegt.

1931 erschien die Dokumentation der Reise der beiden im Kino. Der Titel: 'Im Auto durch zwei Welten - Die erste Autofahrt um die Erde' von 1931.

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